CHIO Aachen, Soerser Sonntag, 25. Juni 2023

Ankündigung der Kollekte zugunsten des Deutschen Kuratoriums für Therapeutisches Reiten beim Ökumenischen Gottesdienst im Deutsche Bank Stadion

Die Kollekte wurde von Uwe Schulte aus Iserlohn angekündigt. Auf bewegende Weise berichtete er dabei aus der Sicht als Vater von seinen Erfahrungen mit der pferdgestützten Therapie. 

CHIO Aachen 2023. Uwe und Mats Schulte beim Verlesen der Kollekte im Rahmen des Ökumenischen Gottesdienstes im Deutsche Bank Stadion. Foto: Andreas Steindl

Uwe und Mats Schulte beim Verlesen der Kollekte im Rahmen des Ökumenischen Gottesdienstes im Deutsche Bank Stadion. Foto: Andreas Steindl

Manuskript der Rede

Die Förderung des therapeutischen Reitens und des Pferdesports für Menschen mit Behinderung ist längst ein selbstverständlicher Teil des Weltfestes des Pferdesports. Seit 25 Jahren besteht die „Glücks-Bringer“ Charity-Kooperation zwischen dem Aachen-Laurensberger Rennverein und dem Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten. Heute möchte ich Ihnen die Kollekte ans Herz legen, die wie in der Vergangenheit auch heute für das therapeutische Reiten bestimmt ist.

Mein Name ist Uwe Schulte, ich bin evangelischer Pfarrer in Iserlohn – aber heute bin ich hier als Familienvater. Meine Frau Kirstin und unsere fast 13-jährige Tochter Lynn sitzen hier vorne – und neben mir steht unser Sohn Mats, er ist elfeinhalb Jahre und es ist ein Wunder, dass er hier steht – zwar gestützt mithilfe von Orthesen, aber er steht auf seinen eigenen Beinen! Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn in der 20. Schwangerschaftswoche erfuhren wir bei einer Routinekontrolle, dass er Spina bifida hat (einen sog. „Offenen Rücken“). Die Prognose war, dass er sein Leben im Rollstuhl verbringen würde – weitere Schädigungen waren zu dem Zeitpunkt nicht auszuschließen. Daher entschieden wir uns schweren Herzens für einen Eingriff noch im Mutterleib: in der 22. Schwangerschaftswoche wurde durch einen 6-stündigen minimal-invasiven Eingriff die offene Stelle in Höhe der Lendenwirbel erfolgreich verschlossen. Sieben Wochen später, in der 29. Schwangerschaftswoche kam Mats zur Welt. Die ersten zwei Lebensmonate verbrachte er auf der Frühchenstation der Uniklinik Giessen. Die 11 Jahre seitdem sind neben einem ganz normalen Familienleben geprägt von regelmäßigen wöchentlichen Therapien: Physio- und Ergotherapie, konduktive Förderung – hin und wieder geht es zum Osteopathen, wenn die Verspannungen zu groß werden – und in den ersten Jahren gehörten regelmäßige, längere Reha-Aufenthalte in Brandenburg dazu.

Als Mats sechs Jahre alt war, lernten wir die Reittherapeutin Alexandra Reese kennen: vom ersten Moment an liebte Mats den Umgang mit den Pferden und vor allem das Reiten: zum ersten Mal und seitdem bedeutet einmal in der Woche „Therapie“ nicht „Pflicht“, sondern Kür: pure Freude – die gelernte Physiotherapeutin verstand es wunderbar, Mats sowohl zu fördern als auch zu fordern. Zweimal durfte er im Rahmen der Deutschen Meisterschaften „Balve Optimum“ zeigen, was therapeutisches Reiten bedeutet und bewirkt: den Moment, als er allein in das große Stadion einritt, wird er ein Leben lang nicht vergessen.

Coronabedingt musste die Reittherapeutin, die gerne die Reittherapie zum Hauptberuf gemacht hätte, zurück in ihren „alten“ Beruf als reine Physiotherapeutin. Nach einer echten Trauerphase waren wir unendlich glücklich, dass sich nach einigen Monaten Pause für Mats eine neue Chance bot, als sich eine Sonderpädagogin an seiner Schule als „Reittherapeutin“ entpuppte und Mats seitdem regelmäßig auf einem Tinkerrücken sitzt – die erste Reaktion der „Lehrerin“ war: „Mats, so kenne ich dich ja gar nicht – mit welcher Selbstverständlichkeit und welchem Selbstbewusstsein du auf dem Pferd sitzt: du bist ganz anders als in der Schule.“

Darum – weil therapeutisches Reiten Entwicklungen und Wohlbefinden möglich macht, das durch nichts anderes auf der Welt erreicht werden kann, erbitten wir an dieser Stelle die Kollekte für die Förderung des therapeutischen Reitens.

Corona hat uns alle gefordert, auch die „normalen“ Reitställe und die Therapiehöfe. Unterstützen Sie sie daher bitte großzügig. Noch immer werden in den meisten Fällen die Kosten nicht von den Krankenkassen und sonstigen Kostenträgern übernommen und müssen privat getragen werden. Ich danke Ihnen jetzt schon im Namen der Eltern von Kindern mit Behinderungen. Im Namen des Deutschen Kuratoriums für Therapeutisches Reiten danke ich Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit und Unterstützung!