Zwei vierte und ein fünfter Platz für deutsche Reiterinnen

Team Para Dressur WM Herning 2022 Foto: Privat

WM Herning 2022: Das deutsche Para-Dressur-Team. Foto: Privat

Mit zwei vierten und einem fünften Platz in der Kür der besten acht Paare sind die Weltmeisterschaften in der Para-Dressur in Dänemark zu Ende gegangen. Ein letztes Mal wurden in der BB Horse Arena in Herning in den fünf verschiedenen Behinderten-Grades die Weltmeister gekürt. Alle vier deutschen Paare hatten sich für den Start qualifizieren können.

Die erste Entscheidung des Tages fiel einmal mehr in Grade IV. Hier zeigten die Deutsche Meisterin, Anna-Lena Niehues (Gronau), und ihre Westfalenstute Quimbaya zum Abschluss ihrer ersten Weltmeisterschaften eine schön choreographierte Kür, in die sich allerdings zwei kleine Fehler einschlichen. „Sie hat es mir nicht leicht gemacht, weil sie immer perfekt sein will. Sie nimmt mir das dann ein bisschen voraus. Sie ist so sensibel in dem Moment, dass es ihr schwerfällt, auf mich zu warten“, sagte die Reiterin. Trotz der kleinen Patzer machte das elegante Paar Eindruck auf die Richter. Das Ergebnis – 74,4 Prozent – lässt erahnen, was bei einem fehlerfreien Vortrag möglich gewesen wäre. „Das Pferd braucht jetzt ein bisschen Pause nach der WM und dann werden wir wieder einsteigen ins Training und schauen, wo die Reise hingeht“, sagte Anna-Lena Niehues.

In der Rangierung bedeute ihr Ergebnis Platz fünf für Anna-Lena Niehues und Quimbaya. Der Titel ging mit 82,485 Prozent an Sanne Voets mit Demantur RS2 N.O.P., ihre dritte Goldmedaille bei diesen Weltmeisterschaften. Zuvor hatte sie bereits die Einzelentscheidung gewonnen und war maßgeblich am Titelgewinn des niederländischen Teams beteiligt. Silber gewann die Vierte der Einzelwertung, Kate Shoemaker (USA) mit Quinoa (80.275 Prozent). Seine zweite Bronzemedaille in Herning sicherte sich ein zu Tränen gerührter Rodolpho Riskalla (78,385 Prozent). Der Brasilianer, der zuletzt bei Helen Langehanenberg trainierte, saß im Sattel des 19-jährigen Hannoveraner Don Henrico (v. Don Frederico), der in Herning seine Abschiedsvorstellung gab.

In Grade II belegte Heidemarie Dresing (Rheda-Wiedenbrück) den vierten Platz. Mit ihrer Hannoveraner Dunkelfuchsstute La Boum startete sie wie schon bei den Olympischen Spielen zu einer „Pretty Woman“-Kür und erzielte damit 73,454 Prozent. „La Boum war überraschend wild auf dem Abreiteplatz“, sagte sie nach ihrem Ritt. „Im Viereck hatte ich richtig was zu tun. Was total gut war, ist, dass es mit der Musik wirklich super gut gepasst hat. Das war ja nicht immer so, aber hier konnte ich jetzt es so reiten, wie es geplant war. Sicherlich waren noch die ein oder anderen Schnitzer drin, aber es war mir im Moment nicht besser möglich.“

Für Schreckmomente sorgte die zweite deutsche Reiterin in Grade II, Gianna Regenbrecht aus Münster. Ihr Oldenburger Rapphengst Fürst Sinclair nahm den Status-Quo-Song „Rocking all over the World“ offenbar wörtlich, galoppierte plötzlich los und verlangte seiner inkomplett querschnittgelähmten Reiterin einiges ab. Diese reagierte bewundernswert, ließ sich auch von einer zweiten Galoppreprise nicht aufhalten und brachte die Kür schließlich noch gut zu Ende. „Es war ganz knapp davor, dass er einmal richtig losgeschossen wäre“, sagte sie und berichtete: „Auf dem Abreiteplatz ging er richtig gut. Ich hatte ihn schön am Kreuz, aber dann bin ich reingekommen ins Viereck und ist er ist richtig hochgefahren. Ich weiß zwar nicht, was er gesehen hat, aber es hat ihn so aus den Konzept gebracht, dass er sich gar nicht wieder eingekriegt hat. Ich habe dann versucht, ihm ganz viel Ruhe zu vermitteln, aber das hat relativ lange gedauert. So lief die Hälfte der Prüfung gar nicht wie geplant. Zum Glück konnte ich ihn in der zweiten Hälfte überzeugen, mir zuzuhören.“

Mit ihrer Vorstellung teilte Gianna Regenbrecht das Schicksal von Pepo Puch. Auch sein Hannoveraner Sailor’s Blue leistete sich auf dem Viereck ungewohnte Eskapaden, so dass der zum engsten Favoritenkreis zählende Österreicher statt Silber wie in Tokio mit dem vorletzten Platz in der Kür vor Gianna Regenbrecht vorlieb nehmen musste. Die Goldmedaille in der Kür Grade II ging wie schon in der Einzelwertung an die Dänin Katrine Kristensen mit dem 14-jährigen Quaterback-Sohn Goerklintgaards Quater. Mit 80,354 Prozent verwies sie den Briten Sir Lee Pearson mit Breezer auf den Silberrang (77,860 Prozent), an dritter Stelle landete dessen Landsfrau Georgia Wilson mit Sakura (75, 834 Prozent).

Den Abschluss der Weltmeisterschaften machte die Kür in Grade V. Für Deutschland startete hier die Bronzemedaillengewinnerin von Tokio, Regine Mispelkamp (Geldern), mit ihrem Dunkelfuchs Highlander Delight’s. Bislang konnte sie sich auf jedem Turnier von Prüfung zu Prüfung steigern und so war es auch in Herning. „Ich denke, dass er einfach noch nicht so viel Routine hat. Ich denke, es wird jetzt auch Zeit, ihn im Winter in einigen Regelturnieren zu reiten, um einfach noch mehr in diesen Ablauf zu bringen und dass er auch andere Prüfungen geht. Er ist zwar zehn, ist aber noch nicht viele Turniere gegangen“; sagte sie. Bis auf ein versehentliches Angaloppieren konnte die Pferdewirtschaftsmeisterin ihre Kür, deren Linien sie für Herning etwas überarbeitet hatte, wie geplant zeigen. Dafür gab es 77,060 Prozent – Platz vier.

Kein Vorbeikommen war in diesem Grade erneut an der Belgierin Michèle George und ihrem Hannoveraner Best of 8. Mit 82,86 Prozent verwies sie wie in der Einzelwertung den Niederländer Frank Hosmar mit Alphaville N.O.P. auf den Silberrang (80,775 Prozent). Über Bronze durfte sich die Britin Sophie Wells mit Donna Cara M freuen (79,255 Prozent).

Am Ende des Championats zog der neue Equipechef Nico Hörmann ein positives Fazit: „Erstmal muss ich unseren Reiterinnen gratulieren. Sie haben das hier sehr gut hinbekommen. Unser Ziel war es, das Ticket für Paralympics in Paris zu lösen und das haben sie fantastisch hinbekommen, mit guten Mannschaftsleistungen. Daher bin ich sehr zufrieden. Wir haben ja ein sehr gemischtes Team gehabt. Wir haben so einen Generationenumbruch, mit zwei Debütantinnen, die das sehr souverän gemacht haben bei ihrem ersten Championat, und zwei „alte Hasen“, die Rückhalt, Sicherung und Erfahrung gegeben haben. Das war ein guter Mix. Daran erkennt man, wohin die Reise geht. Das hier war eine Zwischenstation. Ziel ist es natürlich, in Paris wieder auf dem Treppchen zu stehen.“

Die Küren in den Grades I und III fanden WM ohne deutsche Beteiligung statt. Alle Ergebnisse, Informationen zu deutschen Reitern und Pferden gibt es unter www.pferd-aktuell.de/wm2022.

Text/Quelle: fn-press | Uta Helkenberg